Haus Gutenberg, Hauptstrasse 40

Haus Gutenberg an der Hauptstrasse 40 mit Bahnplatz 7
Haus Gutenberg an der Hauptstrasse 40 mit Bahnplatz 7

Wilhelm Koch-Tobler, der Verleger und Drucker des «Ostschweizerischen Wochenblattes» liess sich dieses Haus 1899 als Wohn- und Geschäftshaus durch das Baugeschäft und Architekturbüro Adolf Müller, St. Gallen, erstellen und nannte es «Gutenberg» zu Ehren von Johannes Gensfleisch, den man Gutenberg nannte. Gutenberg, der von 1400 bis 1468 in Mainz lebte, gilt in Europa als der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Metall-Lettern, dank dem der mechanische Buchdruck ermöglicht wurde.

Der Sichtbacksteinbau «Gutenberg» zeigt Renaissanceelemente und klassizistische Einflüsse. Im Innern finden sich qualitätvolle Glasscheiben. Das Gebäude weist gegenüber der Hauptstrasse nur eine Schmalseite auf, verbreitert sich aber zum See und beherrscht die ganze Tiefe der Strassenzeile zwischen der Hauptstrasse und dem Bahnplatz. Der L-förmige Grundriss erstreckt sich hinter das barocke Haus Hauptstrasse 42 und ist für das Ortsbild vom See her bedeutender als gegen Süden. Im nördlichen Teil waren die Druckerei und Büroräume untergebracht, im südlichen Teil befanden sich Wohnräume. 1934 Einbau von Ladenlokalen auf der Front zur Hauptstrasse.

Der Name Gutenberg erinnert nicht nur an den Erfinder, sondern auch an die Tatsache, dass in Rorschach 1597 die erste Zeitung der Welt, die «Annus Christi» des Samuel Dilbaum gedruckt wurde. In der späteren Rorschacher Pressegeschichte war das 1846 vom Verlag Metzger und Koch gegründete «Rorschacher Wochenblatt», ab 1856 «Ostschweizerisches Wochenblatt» genannt, von grosser Bedeutung. Der Verleger Wilhelm Koch-Gleichauf (1814-1861) übernahm den Verlag nach dem Ausstieg seines Partners Metzger und machte das Blatt zu einer der verbreitetsten  Zeitungen der Schweiz mit dreimaligen Ausgaben pro Woche. Nach dem frühen Tod von Koch führte seine Witwe Josefine Redaktion und Verlag erfolgreich weiter. Ihr Sohn Wilhelm Koch-Tobler, übernahm das Unternehmen 1885 und installierte 1899 im neuen Gebäude moderne Druckmaschinen. 1902 starb Wilhelm Koch mitten aus der Arbeit, auch dessen Gattin Fanny Koch blieb Zeitungsverlegerin, verkaufte aber die Buckdruckerei 1910 an Ernst Löpfe-Benz (1878-1970), der als politischer Mitarbeiter und Geschäftsführer tätig war. Die Zeitungsdruckerei W.Kochs Wwe. und die Buchdruckerei E. Löpfe-Benz wurden bis 1916 im gleichen Raum im Gebäude betrieben.

Ab 1913 erschien die Zeitung täglich und hiess fortan «Ostschweizerisches Tagblatt» und «Rorschacher Tagblatt».  Fanny Koch starb 1923, ihre Tochter Ella verkaufte nun auch den Zeitungsverlag 1927 an Löpfe-Benz. Über 80 Jahre lang war die wichtigste Rorschacher Zeitung von der Familie Koch herausgegeben worden. Ernst Löpfe-Benz, von 1931-1945 Ständerat des Kantons Gallen, machte die Buchdruckerei und den Zeitungsverlag in der ganzen Schweiz bekannt. Sein Verlag war Herausgeber des «Nebelspalters». Der aufgeschlossene Freisinnige setzte politisch und kulturell Akzente und wurde 1956 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. 1967 fusionierte die Zeitung mit dem St. Galler Tagblatt, 2006 verschwand auch der Name «Ostschweizer Tagblatt». Die Lokalnachrichten finden sich seither im Rorschach Bund des «St. Galler Tagblatt».

Quellen: Daniel Studer: INSA: Louis Specker: Rorschach im 19. Jahrhundert, Rorschacher Neujahrsblatt 1935, Bauamtsarchiv

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