Die kleinen Rorschacher Leinwandgeschäfte des 18. Jahrhunderts

Hafen von Rorschach. Um 1865. Aquarell von Joseph Martignoni. Heimatmuseum Rorschach.
Hafen von Rorschach, um 1865

Im dritten Viertel des Jahrhunderts der schweizerischen Untertanenerhebungen muss der äbtische Marktflecken am Bodensee ein massgeblicher Handelsplatz gewesen sein. Unter dem Einsatz und der gegenseitigen Konkurrenz der Grosshandelsfirmen Bayer, Hoffmann und Albertis hatte sich der Umsatz auf der Rorschacher Leinwandschau zwischen dem Jahrhundertbeginn und 1768 verdoppelt. Vom Leinwandgeschäft – seit 150 Jahren fest begründet – zogen auch kleinere und kleinste Firmen ihren Vorteil. Es waren sozusagen durchwegs alteingesessene Rorschacher Bürgerfamilien, die sich, im Schatten der grossen Häuser, einschalteten und manchmal nach wenigen Jahren den Versuch wieder aufgaben. Mit den geringen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, bedeutete jeder Anfang ein Wagnis. Gegenüber den Grossfirmen fehlten ihnen die Erfahrung von Generationen, die Geschäftsbeziehungen, besonders im fremdsprachigen Ausland, und die dortigen Filialen. Kein Wunder, dass manchmal nach kurzer Zeit ein kleiner Unternehmer wieder in die Dienste eines grösseren Hauses trat. Auch der Niedergang der Leinenindustrie wirkte sich bei diesen weniger begünstigten Firmen schlimmer aus. Auch der grosse Brand, der im Unterdorf zwischen 4 und 5 Uhr des l. Oktobers 1761 ausbrach, hatte an der Leinenindustrie beteiligte Rorschacher geschädigt, war er doch infolge unvorsichtigen Lichtputzens «bey schwingen und hechlendem werch» entstanden.

Es gab in Rorschach elf kleinere und sieben kleinste Geschäfte. Nehmen wir die letzteren voraus.

Johann Caspar Bürke war bis 1762 als Vertreter bei Sigismund Hoffmann tätig, dann betrieb er drei Jahre lang (1763-1765) bis zu seinem Tode einen eigenen Handel mit sehr gutem Erfolg. Mehrere Familien Bürke lebten in Rorschach und brachten Offiziere, Zunftmeister und einen Ammann hervor. Der dreimal an die Spitze der Gemeinde gewählte Johann Balthasar war Chirurg.

Joseph Anton Lindenmann beteiligte sich zwischen 1778 und 1783 am Geschäft mit wechselndem Erfolg. Franz Joseph Jungmann wartete von 1762 bis 1764 auf einen guten Anfang und diente noch ein Jahr dem Danielschen Handel als Aufkäufer.

Caspar Rennhas hatte von 1762 bis 1764 drei gute Jahre, dann half er noch ein Jahr bei Bernhard Waldmann u. Cie., die über 1765 hinaus auch nicht vom Fleck kamen.

Bernhard Frommenwiler hatte 1766 ein gutes Jahr, dann begann ein Rückgang innerhalb dreier Jahre.

Columban Boppart hielt trotz bald absteigenden Zahlen von 1766 bis 1779 am längsten durch.

Nun zu den elf kleinen Firmen mit besserem Erfolg.

Die Gesellschaft Caspar und Hoffmann, die gute Geschäfte verzeichnete, löste sich Ende 1765 auf. In diesem Jahr starb Johann Jakob Caspars Gattin, die älteste Tochter des Carl Anton von Hoffmann, M. Franziska (1694-1765).

Der Sohn des aus Venetien eingewanderten Materialisten (Kolonialwarenhändlers) Giacomo Danielis. Peter Anton Daniel (1730-1807) war von 1760 bis 1781 im Leinwandgeschäft mit wechselndem Glück tätig. Er trat für Einführung der damals umstrittenen Normalschule in Rorschach ein. Von seinen zehn Söhnen und zehn Töchtern überlebten nur je drei das zarte Kindesalter. Offenbar führte auch Peter Anton das Kolonialwarengeschäft weiter.

Ähnlich erging es der Firma Johann Baumgartner u. Cie., die 1760 beginnend, 1768 den Hochstand erreichte, um dann nach sechs Jahren auf den Nullpunkt zu sinken.

Sebastian Graf (1717—1772) verzeichnete während sechs Jahren (1760-1765) gute Erfolge, dann gab er es auf.

Peter Ignaz Hertenstein, Glied einer weitverzweigten Rorschacher Familie, gehörte zu den Naturen, welche die Flinte nicht so schnell ins Korn warfen: zwischen 1769 und 1787 erzielte er fast gleichbleibende gute Resultate.

Georg Wendelin Hertensteins Handel zeigte befriedigende Umsätze während der neun Jahre 1766 bis 1774.

Die Firma Lanter u. Cie., Rorschach und Genua, wies 1760 bis 1768 ausgezeichnete Erfolge auf. Der Seniorchef Dr. Joseph Anton Lanter (1740-1796) besass Schloss und Gut Karrersholz bei Tübach. Sein Rorschacher Geschäftsführer Franz Wilhelm Lanter entstammte offenbar einer andern Linie dieses weitverzweigten Geschlechts. Der Vater Joseph Antons, gleichen Namens und ebenfalls schon Leinwandhändler, galt als der reichste Landmann des Fürstenlandes.

Grosse Gewinne warf während zehn Jahren (1762 bis 1771) der Rorschacher Leinwandhandel eines Johannes Mayer von Arbon ab.

Mit Franz Joseph Roth berühren wir eines der wichtigsten kleineren Geschäfte. Er erzielte von 1760 bis 1769 einen stets gleichbleibenden Erfolg.

Die Firma Johann Roth u. de. bewegte sich in bescheidenerem Rahmen und löste sich 1764 auf.

Caspar von der Trave trat 1769 nach vierjähriger Beteiligung vom Leinwandhandel zurück. Inhaber war sein Sohn Carl Bernhard de la Trave (1715-1777).

Die genannten Familien bewegten sich mit wenigen Ausnahmen mehr am Rande des Leinwandgewerbes und -handels. Einige von ihnen hatten Rorschacher Hofammänner gestellt; es sind die Baumgartner, Graf, Hertenstein, Rennhas, Roth und Waldmann.

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